Die Schneekönigin geht in den Satz

Die Schneekönigin geht am 21. Juni in den Satz. Bis zum 19. bin ich im Urlaub an der Ostsee. Am 20. werde ich einen Tag Zeit haben, um durchzusehen, was meine brillante Lektorin A mir nach unserem ersten Durchgang noch dagelassen hat, wo sie denkt, dass etwas noch nicht stimmt, dass ich noch einmal hinhören soll. Einen halben Tag, vielmehr, denn ich arbeite am selben Tag auch für die Deutsche Welle. 

An solchen Tagen tauche ich entweder um 8 oder um 11.30 Uhr in der Kulturredaktion der Deutschen Welle auf und melde mich arbeitssuchend. Dann ruft mich die Redakteurin oder der Redakteur vom Dienst an und gibt mir nach einem schönen Plausch ein Thema, über das ich am selben Tag oder innerhalb von zwei Tagen einen Artikel schreibe. Manchmal gibt es eine ganze Woche, dann bin ich ganz beglückt. 

In meinem letzten Thema ging es um Songs, die durch Filme oder Serien ein Revival erlebt haben (ein Ein-Tages-Thema). Anlass: Durch die vierte Staffel von Stranger Things, die ich sehr genossen habe, ist Kate Bushs 80er-Hit „Running Up That Hill (A Deal With God)“ wieder in den Charts. Die Moral von der Geschicht: Man weiß nie, wann sich Erfolg einstellt. Es lohnt sich, geduldig zu sein, und sich nicht so sehr darum zu kümmern. Man hat sowieso nur sehr wenig Einfluss darauf. Good Morning Vietnam mit dem unvergleichlichen Robin Williams bescherte übrigens 1988 Louis Armstrongs 1964er Lied „What A Wonderful World“ ein Revival. 

Spätestens um Mitternacht am 20. muss ich das Manuskript der Schneekönigin dann an meine Lektorin B schicken, die es am folgenden Tag in den Satz gibt. Ich bin inzwischen manchmal froh, wenn es schnell gehen muss in diesen Überarbeitungsphasen. Dann habe ich keine Zeit, mich zu fragen, ob das Buch schon fertig ist, ob es gut so ist, ob ich es gehenlassen kann. Ob ich nicht hier noch etwas verbessern sollte, da etwas ändern. Ob ich eigentlich etwas Sinnvolles mache, wenn ich diese Bücher schreibe, ob sie etwas taugen oder etwas bewirken. Mit diesen Fragen kann man sich ein Leben lang quälen. Das bleibt mir erspart, wenn es schnell gehen muss, das freut mich.